Vita brevis, Ars longa

Geboren an einem angeblich hochsommerheißen Montag im April. Fünf Tage, nachdem Yuri Gagarin als erster Mensch in den Weltraum flog, und an genau dem Tag, an dem die Invasion kubanischer Exilanten in der Bay of Pigs scheitert. Für 1 Dollar erhält man 3,97 DM, und der Liter Milch kostet 22 Pfennig. Ort: Nord 51°57’32“ Ost 7°37’47“, 65m über Normalnull.
Nach Entbindung durch Kaiserschnitt zunächst einmal für tot erklärt, erfolgt gerade noch rechtzeitig ein Sinneswandel, und der Neugeborene beginnt zu atmen. Migrationshintergund: ein Viertel französisch, ein Achtel niederländisch, der Rest kontrollierter Anbau von regionalen Höfen.

Lesen gelernt mit vier, erste Rechtschreibfehler mit fünf Jahren. Die übliche Schulausbildung verläuft ohne größere Beeinträchtigungen natürlicher Unwissenheit. Mit neun Jahren erster Klavierunterricht, nachdem die Eltern monatelang angebettelt wurden ein Klavier anzuschaffen.
Mit elf Jahren Erwerb der ersten LP: Exile on Main St. von den Rolling Stones - früher Nachweis ausgeprägt sicheren Geschmacks in musikalischen (und visuellen) Belangen. Im gleichen Jahr erste Komposition, eine heute verschollene Erlkönig-Vertonung, die den Musiklehrer schier begeistert - früher Nachweis ausgeprägt fragwürdiger Pädagogen. Mit zwölf Jahren Lektüre der dreibändigen Traumdeutung von Sigmund Freud - früher Nachweis ausgeprägter Selbstüberschätzung.

Neben einem frühzeitig übersehenen leichten Asperger-Syndrom entfaltet sich im Laufe der Zeit ein nicht zu unterdrückendes mittleres musikalisches Talent - als Chorsänger, aber auch als Keyboarder, Gitarrist, Bassist und Schlagzeuger in diversen PostPunk-, ProgRock- und Jazzformationen, unterstützt durch den Klavierunterricht (u.a. bei Jasper van’t Hof), studienvorbereitende Kurse an der Musikhochschule und bei Michael Stegemann, sowie intensiver Beschäftigung mit PA- und Tonstudiotechnik.
Ein Brief an den damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter mit der Bitte um freundliche Unterstützung der Schüler-Rockband wurde mit Dank und einer freundlichen Ablehnung beantwortet.

Nach dem Abitur (mit der Note Erstaunlich), der Wehrdienstverweigerung und anschließender psychologischer Tauglichkeits-Einstufung als KGv (im Kriegsfall als Geisel verwendbar), dem Unfalltod des besten Freundes der Jugend, ersten WG-Erfahrungen und Drogenräuschen in der Münsteraner Szene, sowie einem legendären Abschiedskonzert mit dem Karl-Heinz Köpke-Projekt am 24.12.1980 in der Kronenburg folgt der Umzug mit der Post-Punk Band Trolls in das anarchische Freiluftlabor West-Berlin und die Besetzung einer ehemaligen Fabrik in Kreuzberg 36.

Das Jahr 1981 wird neben der Arbeit mit Künstlern und Musikern der Punkszene im gruppendynamischen Albtraum einer Hausbesetzerszene verbracht, die sich durch visionäre linke Spießbürgerlichkeit auszeichnet und Schöner Wohnen in der Fabriketage kultiviert. Aus dieser WG in die Dachetage der Fabrik geflüchtet entsteht dort auf 3 Kassettenrecordern und einer Revox A77 das erste Musikwerk, die 45minütige Tonbandcollage Acht Deutsche Tänze. Als Quellen dienen Radios, TV, Mikrofone, ein Korg MS-20 Synthesizer und ein Yamaha CP80 Electric Grand Piano. Schließlich folgt im Januar 1982 eine fluchtartig angetretene Reise zurück in den Westen.

In Essen dann Begegnung mit der Fotografin Susanne Brügger und kurz entschlossener Einzug bei ihr. Seitdem ein Künstlerpaar, das zusammen lebt und arbeitet.
Unfalltod einer Freundin aus der Berliner WG, sowie Selbstmord des Mitbewohners der Dachetage, was erst Jahre später aus einem Zeitungsartikel über die damalige Hausbesetzerszene erfahren wird.
Nach einer veritablen Depression intensive Beschäftigung mit fotografischen Experimenten und Bildmontagen, Studien von Film und Filmgeschichte, sowie Tontechnik und elektronischer Musik.
Nicht zu unterschätzender Einfluss des legendären Radio-Moderators John Peel auf die musikalische Bildung.

Als der erste Commodore C64 erscheint und E.T. in die Kinos kommt, erfolgt der Umzug mit Susanne nach Köln.





Studium

1981-85 Studium Musikwissenschaft, Ethnologie und Philosophie,
Universitäten Berlin und Köln
(erfolgreich abgebrochen)

1984 Gasthörer Komposition bei Prof. Johannes Fritsch, Musiktheater bei Prof. Mauricio Kagel
Musikhochschule Köln

1985 Hospitanz Tonstudio WDR Köln

1986-91 Studium Künstlerische Fotografie und MultiMedia,
FH für Kunst und Design Köln (ehem. Kölner Werkschulen)
(Meisterschülerabschluss bei Prof. Arno Jansen)

1989 Internationales Fotografie-Symposium,
Deutsch-Französisches Jugendwerk, Bad Honnef / Paris

1992-95 Postgraduierten-Studium Medienkunst und Elektronische Szenographie,
Kunsthochschule für Medien Köln
(Diplomabschluss bei Dr. Helen Koriath und Prof. Fabrizio Plessi)





Projekte und Aktivitäten (Auswahl)

1985-1986 Mitarbeit an Susanne Brüggers 10314, Entwicklung eines Computerprogramms für die experimentelle Buchgestaltung und Installationen im Museum Folkwang, Essen und der PPS. Galerie, Hamburg (dazu auch Aufführung der Sound-Installation Rundgesang - Musik für halböffentliche Räume).

1988 Nekropolis, erste MedienSkulptur (eine abstrahierte schwarze Stadtlandschaft mit Fotografien und Videoscreens), ausgestellt beim European Media Arts Festival in Osnabrück.

1993 The Nine Billion Names of God, zweite MedienSkulptur, inspiriert vom Human Genome Project, das 1990 mit dem Ziel gestartet wurde, das menschliche Genom vollständig zu entschlüsseln, und seit 2003 als abgeschlossen gilt. Detaillierter Projektentwurf für eine Computerskulptur (Buch, 54 Seiten, 34x30cm). Auszeichnung mit dem Karl-Hofer-Preis (s.u.).

1999-2005 The Conspiracy Project, umfangreiches mehrteiliges Projekt zu Verschwörungstheorien; ein kritisches Thema, das in den Folgejahren zusehends aktueller und gesellschaftlich bedeutender wurde. Ausarbeitung in multiplen Formen: Fotoarbeiten, Installationen, netzbasierte Präsentation, Mailing-Projekt, Infospaces, Guerillamarketing, etc. Zahlreiche Ausstellungen und Auszeichnungen.

2001-2003 The Looking Glass, 20 Jahre bevor ChatGPT in aller Munde ist, wird in dem Netzkunst-Projekt das Verhältnis von KI, ChatBots und autonomen Maschinen im Kontext sozialer Netzwerke verhandelt.

2001-2010 Mitglied im Philharmonischen Chor Essen, Gründungsmitglied des ChorForum Essen.

2002-2004 re: invent, mehrteiliges Projekt zur Landschaftsfotografie auf der Basis des chinesischen I-Ging. 64 Foto/Text-Arbeiten, 16 Digital Composites und Videoarbeit incl. Soundtrack (15'). Zahlreiche Ausstellungen.

seit 2005 Mitarbeit am Studiengang Fotografie der FH Dortmund bei Prof. Susanne Brügger: Studienreformen BA/MA, Workshops, Jurymitarbeit, Diplom- und Masterbetreuungen als Zweitprüfer sowie Konzeption, Entwicklung und Beiträge zu der Reihe cahiers - Hefte zur Fotografie (2013 ff.).

2006-2018 Umfangreiches Projekt zu Dantes Inferno. 33 Digital Composites und Video / vierkanalige Video-Installation, Edition, sowie netzbasierte Präsentation zu allen 34 Canti. Zahlreiche Ausstellungen. 2022 als umfangreiches Buch erschienen, das 2023 mit dem Deutschen Fotobuchpreis (Bronze) ausgezeichnet wurde.

2009-2021 No_Blog, monatliche Miniaturen, seit 2013 als Foto/Text-Arbeiten ausgearbeitet. 2021 gesammelt als limitiertes Künstler-Buch Katatonische Chiffren erschienen.

2021-2023 Hidden Messages, monatlich erstellte post-minimalistische Musikstücke, mit Film untermalt und kryptischen Botschaften versehen. Das Album mit allen 17 Tracks wurde März 2023 veröffentlicht.





Auszeichnungen und Stipendien

1989 Stipendium des Internationalen Fotografie-Symposiums,
Deutsch-Französisches Jugendwerk, Bad Honnef/Paris
(Ausstellungsreihe, Kataloge)

1993 Karl-Hofer-Preis (heute UdK-Preis für interdisziplinäre Kunst und Wissenschaft)
für den Entwurf der ComputerSkulptur The Nine Billion Names of God, entstanden im Rahmen des internationalen UNESCO Symposiums und Künstlerworkshops Babel: Der Mythos universeller Verständigung in Kunst, Wissenschaft und Technologie (1992/93) unter der Leitung von Fabrizio Plessi
Hochschule der Künste (heute UdK) / Karl-Hofer-Gesellschaft, Berlin

1994 Stipendium für Zeitgenössische Deutsche Fotografie,
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Museum Folkwang, Essen
(Ausstellung, Katalog, 2003)

1996 Foster Preis Junge Kunst (Anerkennung),
für die Werkgruppe Die Logik der Begierde (1995). Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen
(Ausstellung, Katalog)

1999 Kunstpreis Digitale Bildwelten (Anerkennung),
für Arbeiten aus der Werkgruppe The Conspiracy Project (1999-2005)
Kreissparkasse Recklinghausen
(Ausstellung, Katalog)

2000 Otto-Steinert-Preis (Lobende Erwähnung),
für Arbeiten aus der Werkgruppe The Conspiracy Project (1999-2005)
Deutsche Gesellschaft für Photographie, Köln

2002 Transfer Reisestipendium,
Kultursekretariat NRW, Wuppertal

2023 Deutscher Fotobuchpreis 23|24,
Festival Fotografischer Bilder e.V., Regensburg